Wir lösen das Geheimnis auf!
In den letzten beiden Blogbeiträgen haben wir euch ganz schön auf die Folter gespannt, was es mit der „Primäre“ und dem „japanischem Abendprogramm“ nun auf sich hatte. Vielleicht konnte es sich der ein oder andere von euch auch schon denken… Richtig, es ging für uns zum ersten Mal in einen Onsen! Also in ein japanisches Thermalbad, welches von den umliegenden, mineralstoffhaltigen, heißen Naturquellen gefüllt wird und als sehr wohltuend für Körper und Geist wahrgenommen wird.
Daran ist definitiv etwas dran, denn die heißen Quellen bestehen aus zahlreichen Mineralien, wie beispielsweise Chlorid, Schwefel, Phosphor oder Hydrogensulfid.
Das Mineralwasser fördert nicht nur die Durchblutung und Verdauung, sondern ist ebenso wohltuend gegen Muskelverspannungen und Stress.
Die Onsen bieten eine der tiefsten Entspannungen und eine der größten Heilkraft der Welt.
Die Japaner sind auch in dieser Hinsicht wieder ziemlich schlau, denn sie haben das Onsen-Bad zu ihrer täglichen Abendroutine gemacht und genießen so gut wie jeden Abend ein solches Bad. Dieses reicht dabei vom privaten Onsen im eigenen Badezimmer, über kleine öffentliche Bäder, bis hin zu großen Onsen-Anlagen in teuren Hotels. Die Art und Weise des Badens ist dabei im Grundsatz jedoch immer gleich. Wie so ein Onsen-Besuch abläuft und welche Etikette es dabei dringend einzuhalten gilt, möchten wir euch heute anhand unserer Erfahrungen erklären.
Am Toya-See, nach unserer Gondelfahrt auf den aktiven Vulkan, ging es am Abend endlich auch für uns zum ersten Mal in ein öffentliches Bad. Um ehrlich zu sein, waren wir ziemlich aufgeregt, da wir auf gar keinen Fall einen Fehler machen wollten. Wir durften zwar bereits bei unserer Freundin Miho in Tokyo zu Beginn des Jahres miterleben, wie so ein tägliches heißes Bad im eigenen Haushalt abläuft, jedoch waren wir noch nie in einem öffentlichen Badehaus.
Beim Betreten des Gebäudes, wurden wir freundlich vom Personal begrüßt und haben den Ticketpreis von 300 Yen (nicht mal 2,00 Euro) pro Person bezahlt. Danach hieß es Schuhe ausziehen, denn die haben in keinem japanischem Haushalt etwas zu suchen! Der Straßendreck soll draußen bleiben.
Anschließend geht es in den Umkleidebereich, doch davor heißt es für Paare bereits Abschied nehmen. Denn in einem öffentlichem Onsen sind Frauen und Männer fast immer getrennt! Nun stieg unsere Aufregung noch mehr, wir sollten nicht zu zweit, sondern ganz allein auf uns gestellt in das heilende Bad hineintreten. Na ob das gut gehen wird???
Bevor wir die Sachen ablegten und uns auf das Bad vorbereiteten, konnte man nochmal die Toilette aufsuchen. Apropos Toiletten in Japan! Jeder kennt’s, sie haben einfach die verrücktesten Funktionen! Von einem Musikknopf, damit niemand beim Toilettengang zuhören kann, bis hin zu einer Po-Dusche und natürlich einer Föhnfunktion (alles in der Toilette integriert), haben sie auch noch etwas wirklich Praktisches zum Wassersparen! Direkt über dem Spülkasten befindet sich ein kleines Waschbecken, dessen benutztes Wasser direkt in den Spülkasten der Toilette läuft und für den nächsten Spülgang verwendet wird. Super praktisch und wassersparend!
Okay, zurück zur Umkleide. Hier legt man nun also alle Klamotten ab, wirklich alle! Es darf sich kein Stoff mehr am Körper befinden, auch kein Handtuch! Der nackte Körper, so wie wir aus unserer Mami gekommen sind, steht nun also vor der Eingangstür zum Bad. Die Tür zu öffnen und in einen Raum einzutreten, wo sich viele andere Menschen des eigenen Geschlechtes befanden, war schon eine kleine Überwindung für mich (Gena). Wir kannten es schon so ähnlich vom Saunieren in Deutschland, doch dort hat man wenigstens ein Handtuch zum Bedecken des Körpers, wenn man mag. Hier hat man nichts, gar nichts. Bruno war hingegen unbeeindruckt von dieser Tatsache. Jahrelanger Teamsport härtet wohl gegen solch ein Schamgefühl ab. Nun ist es ja aber auch nicht so, dass jeder einem von oben bis unten abcheckt, wenn man das Bad betritt, schließlich sind alle im heißen Onsen am Entspannen. Also relaxen und tief durchatmen!
Nachdem man das Bad betreten hat, geht es zunächst zu den Duschen, die sich meist im selben Raum, wie der Onsen befinden. Dort stehen Seife, Haarshampoo, manchmal auch ein Conditioner und Rasierer parat, um sich ordentlich zu reinigen. Das nehmen die Japaner sehr ernst! Man kann sich also wirklich Zeit lassen, um jede Pore zu reinigen. Es ist sehr wichtig, die Dusche vor dem Onsen zu nutzen, um somit sicher zustellend, dass man komplett gewaschen in die heiße Quelle steigt, schließlich möchte niemand mit einem Dreckspatz zusammen in die gleiche heiße Quelle steigen.
Wir haben uns einen wirklich tollen ersten Onsen herausgesucht, denn von Innen hatte man einen schönen Panoramablick auf den Vulkansee und die umliegenden Berge bei untergehender Sonne. Während Bruno sich am Anfang den Onsen noch mit ziemlich vielen älteren Herren teilen musste, war ich die meiste Zeit nur für mich und konnte das Bad in aller Ruhe genießen. Schnell verspürten wir beide die Wohltat für unsere müden Reiseknochen und auch für den Geist. Man konzentriert sich sehr auf die Atmung und verfällt dabei schnell in eine Tiefenentspannung.
Nach dem Onsen geht es nochmal unter die Dusche, um sich von möglichen Rückständen der Mineralien zu befreien. Anschließend ruht man sich im Vorraum noch etwas aus, genießt ein kühles Getränk und gewöhnt sich an die normale Atmung und frische Luft.
Der Onsen-Besuch am Toya-See sollte so schnell nicht unser letzter gewesen sein. Schon einige Tage später, während unseres kleinen Roadtrips an die Westküste Hokkaidos, kamen wir in der Herberge in Otaru wieder in den Genuss eines Onsen. Er war schon etwas in die Jahre gekommen und man spürte, dass hier her weniger Urlaubern, sondern ausschließlich Einheimische kommen. Diesmal gab es auch keinen Panoramablick, dafür aber ein Kaltbecken und eine Dampfsauna. Eigentlich gehen die Japaner nur in den Onsen, doch im Laufe der Jahre haben sich andere wohltuende Prozedere, wie ein Eisbad oder der Gang in die Sauna, ebenso als sehr vielversprechend etabliert. Die meisten bleiben jedoch beim reinen Onsen-Gang.
Diesmal waren wir beide nicht für uns, die Nacktheit unter Japanern störte uns jedoch kaum noch. Im Gegenteil, uns wurde mehr und mehr bewusst, dass wir doch sowieso in gewisser Art und Weise alle gleich aussehen, schließlich sind wir alle Menschen! Ein paar Blicke konnten wir dennoch nicht lassen, es war nämlich sehr interessant zuzusehen, wie pienibel und lange sich die Japaner an den Duschen reinigten. Teilweise haben sie sich gegenseitig den Rücken geschrubbt und die Haare gewaschen.
Unseren vorerst letzten Onsen-Besuch, zumindest in Hokkaido, hoben wir uns für einen recht kalten, verregneten Tag auf. Direkt an der Hell Valley in Noboribetsu gelegen, gibt es ein nobles Hotel, in dem wir uns vermutlich nicht mal eine Vorspeise leisten könnten, ohne danach Insolvenz anzumelden, aber eines ist recht günstig – das öffentliche Bad! Für umgerechnet 13,00 Euro pro Person darf man den ganzen Tag eine Vielzahl an Onsen besuchen. Und es gab wirklich eine Menge unterschiedlicher heißer Quellen! Schwefelbäder, Aluminiumbäder, Salzwässerquellen, eine Trocken- sowie eine Feuchtsauna, einen wunderschönen Außenbereich, einen Wasserfall und den ein oder anderen Jacuzzi. Das Beste daran: der Blick auf die Hell Valley, dem Ursprung der Mineralquellen! Natürlich sparten die Japaner nicht mit Beauty-Produkten! Hochwertiges Shampoo, Conditioner, Körper- und Gesichtspeelings und so einige Lotionen standen Frauen, wie Männern zur Verfügung. Auch einen Haarkam, Rasierer, Zahnbürsten und andere Kleinigkeiten konnte man sich kostenlos nehmen. Ein kalter, vorher aufgebrühter Grüntee durfte natürlich auch nicht fehlen!
Der Blick auf die Hell Valley hat wirklich etwas ganz besonderes gehabt!
Wer gern in die Therme geht und das Saunieren mag, der hätte sich sicher auch hier pudelwohl gefühlt! Uns jedenfalls hat es sehr gut gefallen! Unsere Haut fühlte sich danach so weich und geschmeidig an, unsere müden Knochen waren wieder quicklebendig und der Geist ausgeglichen. Zum krönenden Abschluss, gab es frische Milch von Kühen aus Hokkaidos Hochland. Hmmm lecker!
Wir waren echt froh, uns getraut zu haben, nackt unter Japanern diese Erfahrung gemacht zu haben und freuen uns jetzt schon auf unseren nächsten Onsen-Besuch!
PS: Fast all diese Bilder sind natürlich im Geheimen entstanden, schließlich möchte niemand nackt auf einer Internetseite ausgestellt werden oder Ähnliches. Doch wie schon so oft nutzten wir die Gunst der Stunde, um diese tollen Eindrücke unbemerkt festzuhalten.