Mit 320km/h in die Vergangenheit

Unsere erste Shinkansenfahrt

Um von Aomori in die etwas nördlich von Tokyo gelegene Stadt Sendai zu gelangen, gibt es mehrere Optionen. Man kann sich zum Beispiel 8 Stunden ins Auto setzen oder eine 10 Stunden Busfahrt in Kauf nehmen. Oooooder aber man setzt sich in den Hochgeschwindigkeitszug, den berühmten Shinkansen, und ist in weniger als 2 Stunden am Zielort! Verrückt, oder? Ganz günstig ist der Spaß leider nicht, dafür aber super schnell, immer auf die Minute genau pünktlich und sehr komfortabel ausgestattet. Für diese Fahrt haben wir pro Person umgerechnet 75,00 Euro bezahlt. Wir haben schon viel über den Shinkansen gehört und es kribbelte uns förmlich in den Fingern, auch mal diese Erfahrung zu machen. Also ging es am 21. Juli zum Bahnhof von Aomori, wo wir das Ticket am Automaten zogen und anschließend zum Bahnsteig liefen. Da der Shinkansen selbst bei der Durchfahrt des Bahnhofs seine Geschwindigkeit nicht unter 100km/h bringt, ist vor dem Gleis eine Sicherheitsmauer, die es verhindert auf die Gleise zu gelangen. Erst wenn der Zug am Gleis zum Halten gekommen ist und seine Türen geöffnet hat, öffnen sich auch die Tore der Sicherheitsmauer. 

Gespannt warteten wir darauf, dass der Shinkansen einfuhr. Doch nur einmal nicht richtig aufgepasst und schwups stand er bereits vor uns! Das kam unerwartet! Schaut ihn euch an… Sieht er nicht super futuristisch aus??? Die lange Schnauze dient der Aerodynamik. Der Lockführer sitzt eigentlich nur noch zur Kontrolle im Führerhaus. Ähnlich wie in Deutschland, übernimmt die Zugkontrolle ab einer Geschwindigkeit von über 160km/h die Technik selbst, da die menschliche Reaktion dieser Geschwindigkeit nicht gerecht werden könnte. 

Die neuste Art des Shinkansen – E5-Variante

Nachdem wir auf unseren Sitzplätzen am Fenster Platz genommen hatten, ging es direkt los. Mit 320km/h schossen wir in gerade Mal zwei Stunden von Aomori nach Sendai, unglaublich! Es ist ein Gefühl als ob man in der Beschleunigungsphase eines abhebenden Flugzeuges hängen geblieben ist. Um dem mulmigen Gefühl ein wenig Ablenkung zu verschaffen, schauten wir uns den Zug vom ersten bis zum letzten Wagen ganz genau an! Die Toiletten sind, typisch japanisch, mit Allem und noch viel viel mehr ausgestattete und super sauber. Es gibt drei Sitzklassen im Shinkansen. Die „normale“, in welcher wir uns befanden, die „Green Class“ mit etwas bequemeren Sitzen und die „Grand Class“, in der jeder seinen eigenen Sitzsessel samt Tischchen und Leselampe zur Verfügung hat. Die normale Klasse reicht unserer Meinung nach vollkommen aus, denn auch bei dieser kann man die Rückenlehnen nach hinten schieben und einen Tisch ausklappen. Was es im Zug allerdings nicht gab und das verwunderte uns zu tiefst: Vending Maschinen! Die stehen in Japan doch wirklich überall, warum nicht hier im Zug? Auch ein Bordrestaurant gab es nicht. Dennoch aßen alle Passagiere während der Zugfahrt… Es scheint wohl so üblich zu sein, sein Essen und Getränk selbst mitzubringen. Unser Fazit: Wer in Japan ist, sollte definitiv eine Shinkansenfahrt machen! Es ist eine coole Erfahrung und definitiv der effektivste Weg im Land von A nach B zu gelangen. Doch so wirklich die Aussicht genießen kann man nicht, dafür ist das Ding einfach zu schnell! 

 

In Sendai lernten wir viel Neues kennen. Unsere Unterkunft befand sich nicht weit von einer gigantisch langen Shoppingmeile entfernt. Wir wurden also schnell dazu verleitet, durch die Läden zu schlendern und landeten im Pokemon Center, in einem Jump Shop, DEM Anime-Paradies und in so einigen anderen Lädchen. Die Devise lautetet: nur gucken, nicht kaufen! Das hörte Bruno jedoch alles andere als gerne.

 

Zurück in eine ferne Zeit 

Am nächsten Tag ging es für uns mit dem Zug ins nicht weit entfernte Bergdorf namens Yamadera. Sobald wir aus dem urbanen Gebiet von Sendai raus waren, eröffnete sich uns ein nie enden wollender Mischwald und direkt dahinter die Berglandschaft der Region. Dass Japan so bergig ist, hatten ich gar nicht so auf dem Schirm! Die hüglige Landschaft erstreckt sich nun schon seit Hokkaido und auch weiter südlich sollte es damit nicht aufhören. Der Zug machte einige Stopps bis er am Bahnhof von Yamadera ankam. Der Ort war wirklich sehr klein und bestand vielleicht aus 50 Häusern, dennoch lockt er viele Besucher an. Dies liegt an einem uralten, buddistischen Tempel aus dem Jahre 860 n. Chr. Er befindet sich hoch oben auf einem dicht bewachsenen Hügel am Rand des Dorfes und kann nur besucht werden, wenn man die 1.050 Steinstufen hinaufsteigt. Der Weg führt durch ein urwaldähnliches Gebiet und ist mit einigen Gebetsstätten versehen. 

 

Vom Shrine aus hat man eine tolle Aussicht auf das Dorf, die Zugstrecke und das Tal, welches sich durch die dicht bewachsenden Berge zieht.  

Die so weit von einander entfernten Zeiten zwischen hochmodernem und technologischem Shinkansen bis hin zu einem Shrine, der im Jahre 860 n. Chr. auf einem Felsen, ganz ohne Technik, sondern nur von Menschenhand erbaut wurde und noch heute Bestand hat, beeindrucken uns nach wie vor zutiefst. Aus unserer Sicht hat es Japan geschafft, den Sprung in die Moderne, in die Zukunft, zu meistern, ohne dafür Tradition und uralte Kulturen aufzugeben. Dieses Land hat es geschafft, sich stets neu zu erfinden, ohne dabei seine Wurzeln zu vergessen.

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