Keine zwei Minuten allein

Wir werden so oft gefragt, ob wir auch mal etwas allein unternehmen oder wirklich 24/7 beieinander sind. Nun ja… um ehrlich zu sein sind wir bisher fast immer jede Sekunde zu zweit, bis auf den ein oder anderen Tauch- oder Klogang versteht sich. 😀 

Doch als wir Jakarta mit dem Zug verließen, um unser nächstes Ziel – Yogyakarta – zu erreichen, holte uns der ständige Wechsel zwischen klimatisierten 15 Grad und tropischen 35 Grad dann doch ein und wir bekamen eine Erkältung. Wobei man das bisschen Halsschmerzen nicht wirklich Erkältung nennen kann, aber ein paar Tage später ging es zumindest einem von uns gar nicht mehr so gut. Bruno bekam Fieber, Gliederschmerzen und konnte das Bett kaum verlassen. Ein Glück waren wir bei einer ganz lieben, einheimischen Frau untergebracht, wo er sich im Privatzimmer ausruhen konnte. Ifa, die Besitzerin, sorgte dafür, dass wir uns wie zuhause fühlten. Jeden Tag gab es ein leckeres Frühstück, das in den 8,00 Euro/Nacht inkludiert war. Wir waren sehr dankbar für diesen sicheren Ort.

Während Bruno sich zwei Tage auskurierte, laß ich Buch, schrieb fleißig Blogbeiträge und recherchierte nach Farmarbeit in Kambodscha (unmöglich! Alle Farmen verlangen 150,00 bis 300,00 Euro pro Woche, wenn man für sie ARBEITEN möchte… fragt nicht! Ich versteh es auch nicht, wer freiwillig fürs Arbeiten noch Geld bezahlt!) Doch irgendwie packte mich der Erkundungsdrang bereits nach einem Tag Nichts tun und ich entschied mich dazu, ohne Bruno die Stadt Yogyakarta zu erkunden! Ihr werdet lachen, aber es war so komisch, nach fast einem Jahr Seite an Seite, nun allein rauszugehen! Ich erinnere mich noch gut an das letzte Mal in Peru, das Ende vom Lied war ein Hundebiss in meinem Po! 

Ich schnappte mir also etwas Kleingeld, Trinken und einen Regenponscho und zog los. Als ich gerade aus der kleinen Gasse, wo unsere Unterkunft etwas versteckt lag, auf die Hauptstraße abbog, hielt plötzlich ein Rollerfahrer im Alter unserer Eltern neben mir an. Er fragte mich freundlich wo ich her kam, wie ich heiße und wie es mir geht. Wir kamen etwas ins Gespräch und er erzählte mir, dass ich meine Postkarten nirgends abgeben kann, da heute internationaler Feiertag in Indonesien ist. Gut zu wissen! Kurz darauf fragte er mich, ob er mir die Stadt zeigen solle. Er ist Lehrer und hat heute ebenfalls frei. Ich zögerte. Sollte ich wirklich einfach bei einem fremden Mann mitfahren? Ich kenne eure Antwort „Nein, natürlich nicht!“ Doch meine war eine andere. Die Stadt war voll mit Menschen, die Indonesien sind ein außerordentlich freundliches Volk und es fühlte sich richtig an. Wir sagen viel zu oft „Nein“ im Leben und verpassen dadurch ungeplante, schöne Momente. Kennt ihr das Buch „Das Ja Experiment“ von der Grey´s Anatomy Schöpferin Shonda Rhimes? Im Grunde geht es darum, einfach mal „Ja“ zu sagen und sich auf Dinge einzulassen. Was dadurch passieren kann, verändert euer Leben! 

Ihr könnt euch also vorstellen, wie meine Antwort auf die Frage des fremden Rollerfahrers lautete… JA! Wir rollerten zu zweit durch die Stadt, er konnte Englisch sprechen und mir daher einiges über Land und Leute berichten. Den ersten Stopp legten wir bei einem ganz versteckten Café ein, was wohl ein Tourist normalerweise nie finden würde. Dort wurde mir von einer freundlichen Dame erzählt, wie sie Kaffee aus Tierkot herstellen. Die hauskatzengroßen Baumbewohner, namens Luwak Schleichkatze, verspeisen am liebsten saftige Kaffeekirschen. Die Kaffeebohnen können von ihr nicht verdaut werden. Sie scheidet sie daher unverdaut wieder aus. Dieser Kaffeebohnenkot wird anschließend getrocknet, gesäubert und geröstet. Dieser besondere Kaffee zählt zu den teuersten Kaffeesorten der Welt. In Deutschland erhält man den Kopi Luwak im Feinkosthandel für circa 250,00 Euro das Kilogramm. Ich durfte für 5,00 Euro zwei köstliche Tassen genießen. Normalerweise trinken wir keinen Kaffee, doch dieser war so lecker, dass ich zwei Tage später auch Bruno hierher schleppte. Yana, der Rollerfahrer, erzählte mir davon, dass die Menschen auf die heilende Wirkung des täglichen Kopi Luwak Verzehrs schwören. Er selbst habe einen an Diabetes erkrankten Freund, der, seitdem er zwei Mal täglich den Kaffee trinkt, kein Insulin mehr benötigt. 

von rechts: Kaffeekirsche, Luwakkot, fertig gesäuberte und geröstete Bohne

Batik – Kunst auf Java 

Früher galt Batikkleidung als Symbol für Reichtum und Macht. Nur die Sultane von Java trugen die bunten Kleidungsstücke mit detailgetreuen Mustern, erst 1940 wurde die Kleidung für alle Gesellschaftsschichten freigegeben. Noch heute wird die Tradition gewahrt und besonders zu Festlichkeiten getragen. Bei einer aufwendigen Prozedur werden feine Wachsmuster auf den Leinenstoff aufgetragen, anschließend wird der Stoff in die erste Farbe getränkt. Diese Schritte werden mehrfach wiederholt, je nachdem wie viele unterschiedliche Farben erscheinen sollen. Yana zeigte mir eine Kunsthalle hier in Yogyakarta, wo die wunderschönsten Batikkunstwerke ausgestellt werden. Ein freundlicher Mann erklärte mir ganz genau, wie Batik entsteht. Ich war sprachlos. Nicht nur von der Geschichte, die er mir erzählte, sondern auch von all den wunderschönen Erlebnissen, die heute entstanden sind, weil ich JA gesagt habe. 

Ich hätte am liebsten eines der Kunstwerke gekauft, doch ihr wisst ja… die Backpacks sind voll! 😀 Zum Schluss führte er mich noch zum Alun Alun Platz, einer kleinen Grünfläche mit zwei riesigen Bäumen in der Mitte. Die Menschen in Yogyakarta glauben daran, dass man einen Wunsch frei hat, wenn man mit verbundenen Augen zwischen den zwei Bäumen durchlaufen kann. Yana verband mir die Augen und ich schaffte es tatsächlich direkt beim ersten Versuch, die ca. 50 Meter blind zu den Bäumen zu laufen und auch durchzulaufen. Nun, das schafft doch jeder denkt ihr? Dachte ich auch, doch ich wurde selbst Zeuge von vielen umherirrenden Menschen! Bevor er mich wieder nach Hause brachte, kauften wir noch frischen Obst für Bruno ein. Schaut mal, wie riesig all die Früchte hier sind! 

Danke lieber Yana, für die kostenlose Stadttour! 🙂

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