Nur vier Blocks entfernt

Vancouver City – modern, sauber & reich!

Raus aus Vancouver Island ging es mit der Fähre nach Vancouver City. Mit  2,84 Millionen Einwohner gilt sie als drittgrößte Stadt Kanadas.
Bei wundervollem, sonnigen Herbstwetter klapperten wir ein paar Punkte, wie Downtown, die dampfende Uhr, den Hafen und Suvenirshops ab – ich hatte mir im Vorfeld wieder eine Route für die Stadt überlegt. Vancouver ist eine sehr moderne Stadt und besonders am Hafen wimmelt es nur so von reichen Tesla-Fahrenden Menschen und Kreuzfahrtschiff-Urlaubern. Dadurch war alles sehr gepflegt, sauber und schön angelegt. Wir mit unseren Reise-Outfits und dem Rucksack auf dem Rücken, fühlten uns jedoch etwas fehl am Platz. Auf einer der Hauptstraßen entdeckten wir einen anfangs unscheinbaren Hot Dog – Stand, der sich als wir näher herankamen, zu einem sehr speziellen Stand entpuppte. Dort gab es nämlich japanische Hot Dogs! Es roch so gut und wir konnten nicht vorbeigehen… Wir probierten also einen mit Algenstreifen, asiatischem Kohl und japanischer Mayonese bedeckten Japadog. Uuuuuunfassbar lecker! Auch Stars wie Bon Jovi und Ice Cube kamen hier schon in den Genuss des köstlichen Streetfoods.
Da ich zwei Viertel namens Japantown und Chinatown bei der Planung entdeckt hatte, ging es für uns noch weiter Richtung Osten – immer zu Fuß die Einkaufsstraßen entlang…

Vancouver City – dunkel, gruselig & arm!

Dann geschah das schlimmste und schockierendste Ereignis unserer bisherigen Reise… Gerade mal 10 Gehminuten von dem reichen, bunten, blitzeblank geleckten Hafenviertel entfernt, wurde es plötzlich ganz dunkel! 

!!! ACHTUNG !!!

Die nachfolgend beschriebenen Erlebnisse sind sehr schockierend und definitiv nicht für Kinder geeignet!

Die Häuser wirkten verlassen und die Geschäfte am Bürgersteig hatten alle zu. Schnell merkten wir, dass die Menschen, wenn man sie denn noch als solche benennen mag, näher dem Tod waren als dem Leben. Es ist wohl hauptsächlich FET (ein künstliches Opioid, Fentanyl, 50 Mal stärker als Heroin, das des öfteren sogar noch mit Pferdebetäubungsmitteln angereichert wird), welche als Droge für all das körperliche Leid verantwortlich ist. 

Und dann war da plötzlich dieser Mann, Mitte dreißig und zerschlissenen Klamotten am Leib. Er beugte sich nach vorn und mit letzter, verbleibender, mentaler Daseinskraft zündete er sich eine Drogen-Pfeife in seiner Hand an. Diese Hand war als solche nur noch zu erahnen… Ein pilzförmiger, anschwellender Abszess auf seiner rechten Hand schien kurz vor dem Platzen zu sein. Die Hautstruktur ähnelte eher einem aufgebrochenen Krustenbraten, jedoch bestehend aus Eiter und nekrotisierender Haut, die bis zum Bersten gespannt war. Die Lücken zwischen den Hautzellen, sonst kaum wahrnehmbar, waren so dick wie Backsteinfugen. Ein schrecklicher Anblick. Völlig überfordert mit dem gerade Gesehenen, stolperten wir weiter.

Doch nur wenige Meter entfernt, sollten wir ein ganz anderes Übel, nur knapp einen Meter neben uns, erleben. Ein Mann, knappe dreißig, lag wie ein gedrehtes “K” vor uns auf dem Bürgersteig. Mit zum Teil heruntergelassener Hose und seiner linken Hand an der linken Gesäßbacke, lag er, die Augen bis hin zur Unerkennbarkeit verdreht, einfach mit offenem Mund neben uns. Es schwirrten Fliegen über seinen Körper und der weit aufgerissene Mund schien seine Seele schon vor langer Zeit gehen gelassen zu haben. Noch völlig überfordert, was genau wir hier gerade erlebten, wandte sich der Blick zu dem am zwei Meter entfernten Pfosten angelehnten Mann, der wohl auch an einer Überdosis am Scheideweg des Lebens lag. Unsere Schritte wurden schneller und unsere Blicke zielloser. Wie kommen wir am schnellsten hier wieder raus?

An der nächsten Kreuzung angekommen, schauten wir auf unser Handy, um schnell den Weg, raus aus diesem wahr gewordenen Albtraum, zu finden. Es kam Panik in uns auf. Blanke, eiskalt schwitzende Panik. Unser Weg führte zur Hauptstraße, vorbei an einer Vielzahl drogengestrafter Menschen. Doch sollte die Intensität hier erst so richtig beginnen. Ein kompletter Blockabschnitt, an beiden Seiten Menschen, doch nicht etwa aufrecht an Geschäften vorbeilaufend, nein! Es wirkte, als ob wir in eine Straße voller Zombies geraten waren und so allmählich wurde uns bewusster, dass diese Hunderten von Menschen tatsächlich mehr tot als lebendig waren. Die Bürgersteige waren voll, komplett voll mit Menschen die in Zelten lagen, Menschen die wenig bekleidet auf dem blanken Asphalt lungerten und kaum die Augen offen hielten. Doch eines hatte alle gemeinsam… die Drogen, die neben, auf oder in ihnen klebten… Mitten drin erkannten wir mindestens eine Hand voll tote Menschen. In der ganzen Masse fiel uns eine Frau besonders auf. Sie war erst Mitte zwanzig und ihr Aussehen wirkte recht normal und gepflegt. Sie schien den Drogen noch nicht zum Opfer gefallen zu sein. Sie beugte sich hinunter zu den dort hockenden Menschen und es wirkte auf uns so, als würde sie gerade am Beginn dieser schrecklichen Reise stehen. Der Grund, warum uns diese Frau so bewusst in Erinnerung geblieben ist, liegt daran, weil wir in ihr noch Hoffnung zur Rettung sahen… Doch auch hier waren wir machtlos und zu überwältigt von all dem Schrecken, um einzugreifen. Uns blieb der Atem stecken und unsere Körper fielen in den automatischen Einfach-Weiterlaufen-Modus. Vorbei an all den weiteren, halbtoten, vor sich hin vegetierenden Menschen aller Altersklassen. 

Nach etwa 15 Minuten, die sich für uns anfühlten wie zwei Stunden, entkamen wir dem Stadtgebiet und erreichten die “normale” Welt am Creekside Park. Dort setzten wir uns auf eine Bank und schauten einfach den Kindern beim Spielen zu, die für uns in diesem Moment wärmender waren, als es die Sonne je gewesen war. Es stimmt wohl, dass Kinder die Welt in einem besseren Licht erstrahlen lassen (und kleine Hundewelpen!) Der Konsum von solchen Drogen war für uns selbst nie ein großes Thema, doch wissen wir von Freunden & Familie, dass der Missbrauch von Drogen aller Art schwere Folgen mit sich bringt. Solche schrecklichen Ausmaße sind auch für uns bisher unbekannt gewesen. Es hat uns nur noch mehr sensibilisiert, niemals diese Art des “Ausweges” zu wählen.

Wir hoffen von tiefstem Herzen, dass all unsere Freunde, Bekannten, Kollegen und Familienmitglieder niemals ein solch schlimmes Leben widerfahren wird.

Creekside Park

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