Kraniche für den Frieden

Wohin mit all der Trauer?

In Hiroshima angekommen, brachten wir zunächst all unser Gepäck in die Unterkunft, ehe wir uns in Richtung des Friedenspark aufmachten. Dieser Lag gerade einmal 3 min. Fußweg von unserer Unterkunft entfernt, also wohnten wir in top Lage. Der Friedenspark in Hiroshima ist wohl in der ganzen Welt berühmt für das, was hier am 6. August 1945 erstmalig in der Geschichte der Menschheit stattgefunden hat. Der Atombombenabwurf durch den US-Amerikanischen B-29 Bomber, Enola Gay. Die drei Meter lange und vier Tonnen schwere Uranbombe „Little Boy“, die mit einer Sprengkraft von 12.500 Tonnen TNT Hiroshima um 08:15 und 17 Sekunden Ortszeit traf, war die erste, gezielt auf Menschen abgeworfene Atombombe. 

Dieser Friedenspark soll für immer an das hier Geschehene erinnern. Wir starteten unseren Gedenkweg am Mahnmal der Stadt, dem ehemalige Gebäude der Industrie- und Handelskammer aus dem Jahr 1914, auch bekannt unter dem Namen Atombomben-Kuppel, oder A-bomb Dome. 

Von dort aus gingen wir über eine der vielen Brücken auf die Hauptinsel des Friedensparks und mussten uns, auch auf Grund der enormen Hitze an diesem Tag, erst einmal auf eine Parkbank im Schatten der Bäume setzen und die Schwere dieser Umgebung auf uns wirken lassen. Doch schnell wurden wir von einer Gruppe japanischer Schüler überrascht, die uns auf Englisch fragten, ob sie uns für eine Gruppenarbeit etwas vortragen dürften. Wir willigten überrascht ein und sie erzählten uns von der Geschichte eines Mädchen namens Sadako.

Sadako ging in die Geschichtsbücher, als das Kranich-Mädchen aus Hiroshima ein. Im Alter von 10 Jahren wurde bei dem kleinen Mädchen Leukämie diagnostiziert, als eine der Spätfolgen der von Strahlung verseuchten Lebensmittel und der kontaminierten Umgebung in der sie aufwuchs. Von ihrer besten Freundin erfuhr sie, dass wenn man 1000 Papierkraniche falten würde, einem die Götter einen Wunsch erfüllen würden. Und so startete Sadako, geschwächt und mit purpurnen Flecken am ganzen Körper gezeichnet, ihren verzweifelten Versuch die 1000 Papierkraniche zu falten. Doch ihr Leben fand ein Ende, noch bevor sie ihr Ziel erreichen konnte. Der einst in Vergessenheit geratene Brauch der Papierkranichfaltung, erhielt durch Sadako ein zweites Leben und so geschah es, dass die Leute anfingen, ihre 1000 Papierkraniche für Sadako zu vollenden. Doch nicht nur ihr Schulkameraden und ihre Familie half bei dieser emotionalen Aktion. Menschen aus ganz Japan und später sogar aus allen Ländern der Welt falteten zum Zeichen des Friedens Papierkraniche und setzten ein Zeichen für den Weltfrieden und gegen Atomwaffen. Es entstanden weitaus mehr als 1000 Kraniche, die noch heute in Hiroshima verteilt ausgestellt werden.

Die Geschichte der Schüler nahm uns sehr mit und ich denke jeder von uns musste ein wenig mit den Tränen kämpfen. Später gingen wir auch zu der Gedenkstätte im Park, die an Sadako Sasakís Lebenswillen erinnern soll, dem Kinder-Friedensmonument.

Gedenkstätten 

Nach der Geschichte über Sadako gingen wir unseren Gedenkweg weiter in Richtung Friedensglocke und zum Atombomben-Hügel Denkmal, in dem die Asche der knapp 70.000 Opfer, die durch die direkte Auswirkung der Atombombe verbrannt wurden, begraben liegt. Auf unserem Weg zum Friedensmuseum besuchten wir viele der im Park errichteten Denkmäler. Das Kenotaph für die Opfer der Atombombe, welches eine Liste der verstorbenen Atombombenopfer aller Nationen beinhaltet, die Nationale Friedensgedenkhalle für Atombombenopfer, in dessen Inneren sich ein Fliesenmosaik aus ca. 140.000 Teilen, welches die Zerstörungen nach dem Abwurf der Atombombe zeigt, befindet. Die 140.000 Fliesenkacheln beziehen sich auf die Anzahl der Opfer der Atombombe zwischen dem Abwurf am 6. August und Ende Dezember 1945. In der Mitte der Erinnerungshalle befindet sich ein Wasserbrunnen, zur Erinnerung an den Durst, unter dem die Opfer infolge der Explosion, der Brände und der Verletzungen bis zu ihrem Tod litten und der Flamme des Friedens, in dessen Mitte sich ein Ewiges Feuer befindet, dass bis zur endgültigen Abschaffung aller Atomwaffen als Mahnmal weiter brennen soll.

 

Im Friedensmuseum angekommen, staunten wir über die große Anzahl an Menschen. Nahezu jeder Ausstellungsraum war voll mit Besuchern aus den unterschiedlichsten Nationen. Dabei fiel uns eine Sache besonders auf, es waren überdurchschnittlich viele US-Amerikaner in diesem Museum. Die Exponate der Ausstellung waren zum Teil wirklich tiefst verstörend und voller Trauer. Es sind die Bilder und Gesichten von Zivilisten, die durch diesen Angriff bis hin ins unkenntliche verstümmelt wurden, was einem das ungefähre Ausmaß erahnen lassen. So genannte Schatten, also Stellen an denen bei der Explosion der Bombe Gegenstände und Lebewesen standen und den grellen Lichtblitz bei der Detonation abgefangen hatten. Es wurde im Grunde die oberste Schicht aller Objekte entfernt, außer etwas stand unmittelbar davor und schützte diesen Bereich, das konnte neben einer Laterne auch ein Mensch sein.

Nachdem wir diese Ausstellungsräume verlassen hatten bemerkten wir alle eine tiefe Schwere auf uns liegen. Nachdem wir die dunklen Ausstellungsräume wieder verlassen hatten, kamen wir in eine lichtdurchflutete Halle. Wir waren wieder zurück im Hier & Jetzt und konnten aufatmen. Unsere Gedanken kreisten jedoch immer noch über das heute Erlebte. Dieser Tag hatte emotional Einiges von uns abverlangt. Wir waren dankbar, diesen Ort heute besucht zu haben und mehr über die Gesichte Hiroshimas zu erfahren. Nach dem Abendbrot kehrten wir noch einmal zum Denkmal zurück und schauten uns an, wie der Park bei Nacht beleuchtet ist. Gute Nacht Hiroshima.

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